Knöllchen für Obdachlose

Obdachlose bekommen in Dortmund jetzt Knöllchen, wenn sie nachts an öffentlichen Orten übernachten. Eine Geldstrafe für die, die ohnehin kein Geld haben.

Knöllchen für Obdachlose (Foto: SAT.1 NRW)

 Bild: SAT.1 NRW,

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Hier in der Dortmunder Innenstadt sitzt Kelvin fast täglich und schnorrt – wie es unter Obdachlosen heißt – er bettelt um Geld. Nur ein paar Euro macht er am Tag. Die 20 Euro Strafe, die er im Oktober zahlen musste, sind der Ertrag mehrerer Tage.

Kelvin sagt: „Das ist schon echt scheiße gewesen, weil ich lebe auf der Straße und das ist nicht gerade vorteilhaft, wenn man 20 Euro Bußgeld bekommt für nichts.“

In einer Samstagnacht soll er für ein paar Freunde nur kurz auf ihre Decken aufpassen – es ist etwa 4 Uhr und Kelvin schläft nach wenigen Minuten ein. Als er aufwacht, steht das Ordnungsamt schon vor ihm – Unerlaubtes Campieren auf öffentlichen Plätzen – so der Vorwurf. Kelvin kann die Strafe nicht nachvollziehen. Sie ist aber gesetzlich geregelt, wie uns die Stadt Dortmund heute mitteilt. Es sei untersagt.

Statement der Stadt Dortmund „{…} auf Straßen oder in Anlagen auf nicht besonders freigegebenen Flächen zu lagern, zu campieren oder zu übernachten.“

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ordnungsamtes der Stadt Dortmund weisen die Obdachlosen auf die bestehenden Schlaf- und Hilfsangebote hin, so die Stadt.

Doch die Übernachtungsstellen für Obdachlose sind häufig schon überfüllt oder in unzumutbarem Zustand – wie uns der Obdachlose Alex sagt, dessen Namen wir geändert haben. Er schläft deshalb lieber auf der Straße – das Risiko, ein Bußgeld zu kassieren, muss er in Kauf nehmen.

Alex: „Ja natürlich hat man sowieso kein Geld und das ist immer heftig. Jede kleine Strafe 20 Euro, das sind schon 4 Kippenschachteln, das ist sehr viel Geld. Und nicht gerade schön natürlich, vor allem für Leute in so ner Situation.“

407 Verstöße wegen „Lagern und Campieren“ zählte die Stadt Dortmund im vergangenen Jahr – wie oft dann tatsächlich ein Bußgeld folgt, liegt aber immer im Ermessensspielraum der Beamten. Dem 18-jährigen Kelvin hat das nicht geholfen – er hat mehrere Tage gebraucht, um die 20 Euro wieder reinzuholen.

Dieser Beitrag ist in der Sendung vom 20.02.2018 erschienen. Das zugehörige Video ist am Tag der Sendung ab ca. 19:00 verfügbar.

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